Gegen den Branchentrend: Kleine Privatbank floriert
Viele Banken haben seit der Finanzkrise das Handtuch geworfen. Zu dieser Entwicklung setzt die Helvetische Bank einen erfrischenden Gegenakzent. Das Zürcher Institut wächst stetig, schreibt Jahr für Jahr Gewinn – und widerlegt damit die verbreitete These, wonach kleinere Banken keine Zukunft hätten.
Für Thomas Matters Helvetische Bank war 2024 erneut ein Rekordjahr, wie finews.ch bereits berichtete: Der Gewinn stieg auf 15,7 Millionen Franken, die verwalteten Vermögen legten um über 17 Prozent auf 2,92 Milliarden Franken zu. Bereits 2023 hatte die Bank mit 15,3 Millionen Gewinn einen Bestwert erzielt – nach 6,6 Millionen im Jahr davor.
Die Helvetische Bank ist damit nicht nur profitabel, sondern wächst aus eigener Kraft. In einem Markt, in dem zahlreiche Institute unter Druck stehen, Fusionen und Rückzüge an der Tagesordnung sind, wirkt diese Entwicklung fast wie ein Anachronismus.
Erfolgreiche Neugründung
Nur wenige Neugründungen haben sich im Schweizer Bankensystem der letzten anderthalb Jahrzehnte behaupten können. Die 2011 lancierte Helvetische Bank gehört zu diesen Ausnahmen – und sticht mit ihrer finanziellen Solidität, Eigenständigkeit und Positionierung deutlich hervor.
Um zu verstehen, was diese Bank anders und besser macht, hat finews.ch den neuen CEO Stephan Vollert in Zürich getroffen. Seit Anfang 2025 steht er an der Spitze der Bank – als Nachfolger von Gründungs-CEO Daniel Hefti, der nach 14 Jahren in den Verwaltungsrat gewechselt ist. Vollert kennt die Bank aus dem Effeff, hat er doch (mit einem Unterbruch) seit 2014 hier gewirkt.
«Wir wachsen mit den Kunden»
Das Gespräch mit ihm findet am einzigen Sitz der Bank in einem modernen Geschäftsgebäude in unmittelbarer Nähe zum Bahnhof Tiefenbrunnen statt – in einem lichtdurchfluteten Sitzungsraum, auf dessen Sideboard sich drei Dutzend sogenannte «Grabsteine» stapeln: Erinnerungsstücke an erfolgreich abgeschlossene Kapitalmarkttransaktionen.
Stephan Vollert spricht ruhig und sachlich – mit einem klaren Kompass. «Wir wachsen mit den Kunden», sagt er. «Wenn die Performance stimmt und die Betreuung verlässlich ist, dann ergibt sich daraus ein Wachstum von innen heraus.» Genau das sei in den letzten Jahren geschehen: Mehr Neugeld, mehr Mandate, mehr Kapitalmarktprojekte. Das Resultat: Solides Wachstum, ganz ohne Übernahmen.
Aktien für Mitarbeiter
Die Bank gehört zu fast drei Vierteln den Gründern, Verwaltungsräten und Mitarbeitenden. «Wir haben keine Finanzinvestoren – das ist so gewollt», betont Vollert. «Alle Mitarbeitenden können Aktionäre werden – nicht nur das Management oder einzelne Teamleiter. Das schafft eine andere Haltung im Alltag.» Jeder soll mitdenken, Verantwortung übernehmen. Diese unternehmerische DNA sei ein wichtiger Erfolgsfaktor.
Die flache Struktur der Bank passt dazu: «Wir sind hier auf drei Stockwerken verteilt, die Entscheidungswege sind kurz. Wenn etwas entschieden werden muss, sind die Zuständigen erreichbar – oder sitzen am selben Tisch.» Solche Agilität sei gerade in einem regulierungsgetriebenen Umfeld ebenfalls ein Wettbewerbsvorteil.
Kapitalmarktgeschäft
Ein weiterer Erfolgsfaktor liegt im Kapitalmarktgeschäft, das die Helvetische Bank vom ersten Tag an betreibt. Sie begleitet Bondemissionen, Kapitalerhöhungen und Finanzierungsfragen von KMU bis rund 100 Millionen Franken Volumen. «Wir sind in dieser Nische sehr präsent», sagt Vollert. «Die Credit Suisse ist als Player in diesem Bereich weggefallen – das hat zusätzliche Nachfrage ausgelöst.»
Im vergangenen Jahr begleitete die Bank etwa die Anleiheemission des Kranherstellers Wolffkran – ein grösseres Projekt.
Stabilität, Nähe, Pragmatismus
Auch im klassischen Geschäft mit Privatkunden und externen Vermögensverwaltern setzt das Haus auf eine spezifische Zielgruppe: «Wir sprechen unternehmerisch denkende Kunden an – viele davon sind aktive oder ehemalige Unternehmer», sagt Vollert. «Es ist schwierig, einen prototypischen Kunden zu beschreiben – aber unsere Kunden schätzen Stabilität, Nähe und Pragmatismus.»
Die Analyse- und Research-Kompetenz wird bewusst im Haus gehalten. Es gibt auch keine Produkte, die vertrieben werden müssen. «Wir wollen keine Produkte verkaufen – sondern passende Anlagen vorschlagen», so Vollert.
50 Prozent Aktienkapital in Gold
In der Bilanz sticht ein Detail hervor: Die Bank hält seit Gründung 50 Prozent ihres Aktienkapitals in Form von physischem Gold. «Das war von Anfang an so – es schafft Stabilität, ist eine Art Versicherung», sagt Vollert. Zum Bilanzstichtag lag der Marktwert dieser Reserve 7,5 Millionen Franken über dem Buchwert. «Wir haben eine gewisse Goldaffinität – und wollten ein Zeichen der Solidität setzen», ergänzt er.
Auch sonst bleibt die Bank konservativ: Es gibt kein Retail- und klassisches Firmenkredit-Geschäft. «Wenn überhaupt, dann machen wir kurzfristige und Überbrückungs-Finanzierungen. Unser Weg, für Firmen, führt tendenziell über den Kapitalmarkt.»
Keine Akquisitionen geplant
Für die Zukunft bleibt der Kurs gesetzt: «Wir wollen nicht jedes Jahr den Gewinn maximieren, sondern langfristig solide wachsen», so Vollert. Wachstum soll organisch erfolgen – Akquisitionen seien auch in näherer Zukunft kein Thema.
Das Tempo dabei bleibt unter Kontrolle. Am allgemeinen Expansionsdrang nach dem CS-Untergang hat sich die Helvetische Bank nur zurückhaltend angeschlossen. «Wir haben punktuell gute Leute eingestellt – aber keinen grossen Push gemacht», erklärt Vollert.
Unternehmerische DNA
«Wir sind eine wachsende, kleine, mittlerweile mittelgrosse Familie», sagt der CEO zum Schluss. Wer bei der Helvetischen Bank an Bord kommt, muss nicht nur fachlich, sondern auch kulturell passen – denn das Haus tickt anders als eine Grossbank. Hier kennt man sich, packt mit an, denkt unternehmerisch. «Reine Assistenzfunktionen gibt es bei uns nicht – jeder übernimmt Verantwortung.»
Diese Haltung sei grundlegend für den Erfolg, sagt Vollert.