Carsten K. Rath: «Der exklusivste Geheimtipp Bayerns»

Wie stilvoll Luxus und regionale Identität harmonisieren können, zeigt das Chiemgauhof Lakeside Retreat. Hotel-Experte Carsten K. Rath besucht das Fünf-Sterne-Superior-Haus, das den Charme historischer Holzscheunen zeitgemäss in die Gegenwart holt. 

Bei Bayern denken viele an das Allgäu, den Tegernsee, München oder den Bayerischen Wald. Der Chiemgau wird von den Reiseführern oft übersehen. Dabei bietet die Kulturlandschaft in Südost-Oberbayern viel Sehenswertes, und sie ist gut erreichbar. 

Ich reise zur Eröffnung des Chiemgauhof Lakeside Retreats in die charmante Region. Der Chiemgauhof gehört zum renommierten Achental Resort in Grassau. Beide sind im Besitz der Motel-One-Gründer Ursula Schelle-Müller und Dieter Müller. Ich kenne die beiden gut und weiss: Wenn sie etwas machen, dann machen sie es richtig.

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Der Chiemgauhof, entworfen vom italienischen Stararchitekten Matteo Thun. (Bild: zVg)

Alpenländisches Design vom Mailänder Stararchitekten

Als ich auf die Anlage zufahre, fühle ich mich für einen Moment wie auf Bali, nur die Berge am Horizont passen nicht ins Bild. Der italienische Architekt Matteo Thun hat sich bei seinem Design an den historischen Holzscheunen der Region orientiert und die schlichte alpenländische Ur-Architektur neu interpretiert. Drei Holzgebäude erstrecken sich entlang des Ufers, sie sind verbunden durch gläserne Elemente, Gärten und Pergolen. 

Matteo Thun schwebte vor, dass Feriengäste, wenn sie am Steg anlegen, den Eindruck haben, dass das Hotel schon immer hier stand. Mir gefallen das Design und die herausragende Lage des Hotels am Ufer des Chiemsees, der wunderschöne Blick auf die Fraueninsel. 

Den geniesst man übrigens auch aus jeder der 28 Suiten. Matteo Thun setzte beim Design des Interieurs auf natürliche Materialien wie gebürstete Lärche und Fichte, Natursteine, Glas und Marmor. Geölte Eichendielen, handgewebte Teppiche und dunkler Naturstein in den Bädern sorgen für eine zeitlose Ästhetik. Mein Highlight ist eine Lärchenholzbadewanne, japanisch inspiriert, aus ihr blickt man natürlich auf den See. 

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Das Haus zeichnet sich auch im Innern durch sein japanisch inspiriertes Design aus. (Bild: zVg)

Bajuwarisches Flair statt Bavariakitsch

Die Handschrift des Architekten erkenne ich überall, kein Bavariakitsch, sondern alpenländische Architektur mit regionalem Bezug. Teppiche aus recyceltem Samt der «LPJ Studios» in Aschau, handgefertigte Ofenkacheln der «Inseltöpferei Klampfleuthner» auf der Fraueninsel, Bettwäsche von Mühldorfer aus der Nähe von Passau. All das vermittelt bajuwarisches Flair. In meinem Zimmer hängen Originale des Malers Julius Exter, der hier einst seine Sommerakademie betrieb. 

Einzig die Seife des Biokosmetikers «Less is more» scheint mir unpassend für dieses Haus, doch das ist letztendlich Geschmackssache. 

Wenn Sie es sportlich mögen, dann sollten Sie einen Sprung vom hauseigenen Steg ins klare Chiemsee-Wasser wagen. Oder Sie lassen sich einfach nur entspannt treiben im beheizten 18-Meter-Aussenpool direkt am See. Mein Tipp: der Vitality Boost in der Matteo-Thun-Sauna verschafft Ihrem Körper eine tiefgehende Regeneration. 

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Blick in ein Zimmer des Hotels. (Bild: zVg)

Ländliche Küche mit Beuscherl und hausgemachter Blutwurst 

Der Chiemgauhof gehört zum nur wenige Kilometer entfernten «Das Achental». Angebote können verbunden und Synergien genutzt werden, auch bei den beiden gastronomischen Konzepten. Küchenchef Max Müller hat sie gemeinsam mit dem Kulinarischen Direktor des «Das Achental» entwickelt. Für das Chiemgauhof Restaurant bezieht Max Müller Gemüse und ganze Kälber oder Schweine von regionalen Erzeugern. Daraus kreiert er frisches Beuscherl  aus Kalbsinnereien, er veredelt Kroketten mit hausgemachter Blutwurst, serviert Grammelknödel, Pilztascherl oder Tatar. 

Das zweite kulinarische Standbein in der Lakeside Bar baut auf Sushi, für das der Sushimeister Naoki Terai aus München gewonnen wurde. Er verarbeitet Süsswasserfische aus regionaler Zucht und regionalem Fang zu seinen Sushi-Kreationen. 

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Das ländlich geprägte Konzept überzeugt – auch kulinarisch. (Bild: zVg)

Überall im Haus ist der Service aufmerksam, charmant und angenehm zurückhaltend. Das ländlich geprägte kulinarische Konzept gefällt mir auch beim Frühstück. Zum Auftakt geniesse ich ein kleines Glas Birchermüesli mit frischen Beeren und Früchten. Dazu gibt es ofenwarme Schokoladencroissants, hausgemachte Marmeladen, Butterbrot und Salat in hoher Qualität. Dann erst widme ich mich den heimischen Spezialitäten am Buffet. 

Neue Wege in der Luxushotellerie

Geleitet wird das Hotel von Resident Manager Louis Steinle, dem aktuellen «101 Next Generation Hotelier» des Jahres, und dem Managing Director Nikolai Bloyd. Dieser erlernte sein Handwerk bei keinem geringeren als Dietmar Müller-Elmau im Schloss Elmau. 

Wohin sich die moderne Luxushotellerie entwickelt, zeigt der Blick auf die Eigentümer. Einige der erfolgreichsten Unternehmer Deutschlands investieren heute bewusst in hochwertige Hotelkonzepte. Dieter Schwarz, Gründer von Lidl, hält inzwischen mehrere exklusive Häuser. Die Tengelmann-Familie engagiert sich ebenso im Gastgewerbe wie Aldi, etwa mit dem traditionsreichen Fünf-Sterne-Plus-Hotel Öschberghof. Die Oetker-Gruppe hat mit der Oetker Collection ein weltweit renommiertes Portfolio legendärer Häuser aufgebaut – von Le Bristol in Paris bis zum Brenners Park-Hotel in Baden-Baden.

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Zurückhaltender Luxus gepaart mit hoher Qualität und exzellentem Service ist das Credo. (Bild: zVg)

Auch Dieter Müller, Gründer der Motel-One-Gruppe, geht längst neue Wege. Nach dem Erfolg im Smart-Budget-Segment investiert er heute gezielt in Qualität und Service Excellence. Mit dem Chiemgauhof Lakeside Retreat hat er das Portfolio des «Das Achental» klug ergänzt. Zwei Häuser, zwei Handschriften, aber ein gemeinsamer Anspruch: zurückhaltender Luxus gepaart mit hoher Qualität und exzellentem Service. 

Wer Synergien klug nutzt, der eröffnet den Gästen neue Möglichkeiten: Tagsüber eine Runde auf dem 18-Loch-Golfplatz im «Das Achental», abends ein Menü im Drei-Sterne-Restaurant «Es:senz», am nächsten Morgen ein Frühstück mit Seeblick im Chiemgauhof. Bis 12 Uhr bleibt das Retreat exklusiv den Hotelgästen vorbehalten. Ein kluger Zug, wie ich finde. Die Balance aus Rückzug und öffentlichem Leben, aus Regionalität und Zukunftsperspektive machen den Chiemgauhof für mich zu einem besonderen Ort, den ich sicher wieder besuchen werde. 


Als früherer Grandhotelier und Betreiber des Hotel Rankings «Die 101 besten Hotels»ist Carsten K. Rath Globetrotter von Berufs wegen. Sämtliche Hotels, über die er für finews.ch schreibt, bereist er auf eigene Rechnung. Rath ist zudem Autor der Bücher «Die 101 besten Hotels Schweiz 2025». Mit seinem Ranking kam er im Jahr 2024 erstmals in die Schweiz.